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Konferenz 2020

Konferenz 2020

Konferenz 2020

Cinema plural
Eine Konferenz ohne Thema

Auftaktkonferenz der Woche der Kritik
Theaterdiscounter Berlin
19. Februar 2020

Mit der Unterstützung von Goethe Institut e.V.

Was erhoffen sich Filmschaffende, -kritiker*innen und -liebhaber*innen heute vom Kino, was verärgert sie, was fordern sie? 2020 setzt die Woche der Kritik mit der Auftaktkonferenz ausdrücklich kein Thema, sondern lädt Bekannte und Unbekannte ein, ihre Anliegen vorzustellen, zu diskutieren und Verbündete zu suchen. Ob gegen rechts und Zensur oder für eine globale Cinephilie – es geht um Differenzierung, Solidarität und leidenschaftliche Auseinandersetzungen. Dabei soll nebeneinander stehen, was üblicherweise getrennt wird. Nicht zuletzt heißt das, zu reflektieren, was es bedeutet, ein Problem als das der „Anderen“ zu begreifen. Vor dem Hintergrund einer Berlinale, die sich unter neuer Leitung selbst finden muss, erforschen wir die uns umgebenden Dynamiken der Filmkultur.

Ablauf

18:00 Uhr:

Begrüßung

Podiumsgespräch: Zum Kino und den Rechten
Diskussion der Ergebnisse des Workshops „Filmarbeit gegen rechts“ mit den Teilnehmer*innen
Es soll um eine Frage gehen, die während der Erarbeitung der Konferenz wieder und wieder in Erscheinung trat und die zentral bleiben wird: Wie greift rechtskonservative und rechtsextreme Parteipolitik hier und jetzt in die Kinokultur ein? Wie kann Einflussnahme sichtbar werden? Welche Akteur*innen spielen hierfür eine Rolle? In welcher ästhetischen Praxis und Arbeitsmethodik formulieren sich Widerstände?

Podiumsgespräch: „For a New Cinephilia“
Der Filmkritiker Girish Shambu (www.girishshambu.net / Film Quarterly) im Gespräch mit der Filmkritikerin Jessica Kiang (Variety / Sight & Sound)
Der amerikanische Filmkritiker und -blogger Girish Shambu schrieb kürzlich für das Magazin „Film Quarterly“ ein Manifest. Im Zentrum steht die Auslotung einer zeitgemäßen, linken Cinephilie. Shambu fordert die Anerkennung kritisch geschulter Bewegungen innerhalb der Filmkultur und distanziert sich von einer rein ästhetisch orientierten, autorenbasierten (sic!), apolitischen Filmliebe: „You shall know the old cinephilia by the sounds of its worrying: film culture these days is “too PC,” too “morality driven,” and “all about identity politics.” Supposedly (…) the community of cinema lovers is no longer unified the way it once (allegedly) was. For the new cinephilia, however, this unity of film culture is a figment of nostalgic fantasy, a fiction propagated and sustained by the imposition of a false universalism.“

ca. 20:00 Uhr:

Drei parallele Veranstaltungen

Werkstattgespräch zu Zensur & Filmkritik in der Türkei
Moderiert von Senem Aytaç (Filmkollektiv Altyazi), mit Filmbeispielen
Vertreter*innen des Filmkollektivs Altyazi aus der Türkei fragen sich, was es dort mit dem Kino und der Politik auf sich hat. Im Selbstverlag erscheint alle zwei Monate ein Magazin für Filmkritik, die Gruppe organisiert Kinovorstellungen und Veranstaltungen, die das Selbstbewusstsein der unabhängigen türkischen Filmszene stärken sollen. Neben Wissensvermittlung geht es der Gruppe vor allem darum, Begegnungen zu ermöglichen – denn eine freie Filmkultur liegt gleichermaßen in der Verantwortung von Publikum, Lesenden und Produzierenden. Im Zentrum eines Werkstattgesprächs mit Senem Aytaç und Mitgliedern des Kollektivs steht die Frage, welche Rolle die Filmkritik in dieser Konstellation heute einnimmt sowie zukünftig einnehmen kann und muss – als Methode der Bewusstmachung und als gemeinschaftlicher Widerstand gegen Zensur und Selbstzensur. Welchen Einfluss haben die gesellschaftlichen Spannungen in der Türkei auf Kino und Kritik?

Workshop: „Alle reden von Filmbildung“
Moderiert von Rüdiger Suchsland und Stefan Butzmühlen
Organisiert vom Verband der deutschen Filmkritik und dem Hauptverband Cinephilie
Alle reden von Filmbildung. Keine Frage: Ein Publikum, das Lust auf das Kino hat, das über die Vielfalt und die Möglichkeiten des Mediums Film und über seine Geschichte informiert ist, ist für eine funktionierende Kinokultur essentiell. Aber was ist das überhaupt, Filmbildung? In jedem Fall mehr, als mit der Schulklasse gelegentlich gemeinsam einen Film zu sehen. Filmbildung verstanden als Vermittlung von Filmkultur in allen ihren Facetten ist ein Prozess. Sie betrifft alle Teile des Publikums, und sie sollte nicht nur in eine Richtung gedacht werden, sondern als Bildung ernst genommen werden. In einem gemeinsamen Workshop wollen wir ausloten, wie Filmbildung aussehen kann, was in diesem Bereich möglich sein könnte, was nötig ist, was funktioniert, und was sich ändern muss. Vor allem wollen wir selbst Lust darauf machen, sich mit den Möglichkeiten von Filmbildung zu beschäftigen. Dazu laden wir zu einer offenen Debatte ein.

Gesprächsrunde: Post cinema, mobile cinema, off cinema
Mit Oliver Bassemir (Filmemacher, „[Bordeaux], ma bile“), Evi Stamou & Marianna Kaplatzi (Filmkollektiv Balkan Can Kino), Aleksandra Milovanović (University of Arts, Belgrad), Branka Pavlović (Filmemacherin, Videokünstlerin, Free Zone Belgrade Human Rights Film Festival)
Ein Raum ist dem entgrenzten Kino gewidmet: Die Filmemacherin und Videokünstlerin Evi Stamou und Filmkuratorin Marianna Kaplatzi repräsentieren das Kollektiv „Balkan Can Kino“ aus Athen und berichten, welche Möglichkeiten der selbstorganisierte Kinobetrieb bietet. Aleksandra Milovanović (University of Arts, Belgrad) und Branka Pavlović (Filmemacherin, Videokünstlerin) fragen sich mit wissenschaftlichem Handwerkszeug, wie das „Free Zone Belgrade Human Rights Film Festival“ zwischen zentralen und dezentralen Formen von Filmfestival-Betrieb über 15 Jahre eine aktivistische Position erarbeitet und ausgeprägt hat. Der Videokünstler Oliver Bassemir bringt aus Hamburg seine „Cineastische Keimzelle“ mit: Unter diesem Titel fragt er sich in regelmäßigen Filmprogrammen, was der Begriff „politische Architektur“ für einen Kinosaal bedeutet.

21:15 Uhr:

Drei parallele Veranstaltungen

Gesprächsrunde: „Die Welt nebenan – ein Gespräch über unakademisches Erzählen“
Der Filmemacher Franz Müller („Worst Case Scenario“) im Gespräch mit Annekatrin Hendel (Filmemacherin, „Vaterlandsverräter“, „Fassbinder“) und Jan Overhausen (Comedian und Autor)
Moderiert von Hannah Pilarczyk (Der Spiegel)
Der Regisseur Franz Müller, einer der Herausgeber der Zeitschrift „Revolver“, verfasste kurz nach der letzten Berlinale einen Blogbeitrag über die Abkapselung des deutschen Kinos von anderen Erfahrungswirklichkeiten als denen der Filmemacher*innen selbst: „Ich habe eine Tendenz zur Abgeschlossenheit und Selbstbezogenheit erlebt, über die ich reden will. Vor allem im Sinne der gesellschaftlichen Klassen gibt es seit ein paar Jahren immer mehr mit sich selbst beschäftigte und anderen abgewandte Filme, und ich finde es schlicht schlimm, weil es abbildet, was mir ohnehin zu schaffen macht in einer Welt, die in immer mehr Erfahrungsbereichen von der kapitalistischen Software (mehr oder weniger sachte) gesteuert wird, die leider so gut auf unserer menschlichen Hardware läuft.“ Die Diskussion verebbte schnell – wir nehmen sie als Ausgangspunkt für eine Neubetrachtung filmischer Praxis in Deutschland.

Live Chat Performance: „Intruders at the Window“
Mit Anuj Malhotra und Suraj Prasad (Lightcube Film Society)
Eine simulierte Online-Chat-Konferenz als Bühnenperformance, an der Teilnehmer*innen aus verschiedenen geografischen Regionen der Welt teilnehmen werden: Kritiker*innen, die sich damit beschäftigen, was üblicherweise aus dem globalen Film-Diskurs ausgeschlossen wird, werden eingeladen, sich gemeinsam in Echtzeit und für ein Live-Publikum eine neue Ära der Cinephilie vorzustellen, die inklusiv, dezentral und wirklich pluralistisch ist.

Workshop: „Capitalist Realism, Societies of Control und Cyberpunk“
Mit Teilnehmer*innen des Forschungsseminars „Cyberpunk – Identities and Space in the Sphere of Postmodernism and Capitalist Realism“ (Humboldt-Universität zu Berlin), mit Filmbeispielen
In the midst of a fractured, decentralized network of evolving technological and infrastructural systems, our informational consumption and creation habits are prone to constant relocation and mutation. By looking at storyworlds in contemporary fiction, it becomes possible to clear the fog around these ever-changing discourses and to shed a light on our present, our future imaginaries and our relation to history. Connecting selected theoretical and cinematic entities, we especially aim to identify the ideological rhythms and tremors of capitalist realism and the mechanisms of social control as reflected in Cyberpunk and its derivates. We are interested in creating an open and de-institutionalized space for criticism in which participants are free to contribute to and come away with tools for analysis and clarity. Interconnectedness is allowed and encouraged as a way to work against conscious and unconscious selectiveness in regards to being open to a variety of ideas.

ca. 22.15 Uhr:

Gemeinsamer Ausklang der Veranstaltung an der Bar

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Karten für die Konferenz gibt es auf der Webseite des Theaterdiscounters Berlin.